Neulich in Freiburg: Eine Gruppe engagierter Frauen bewirbt sich öffentlichkeitswirksam für das Priesterseminar. Die Aktion geht durch die Medien, löst Zustimmung, Kopfschütteln und Debatten aus. Ist das ein Zeichen für Gleichberechtigung in der Kirche? Oder eine Verwechslung von Berufung und Beruf?
Wer das Evangelium vom 14. Sonntag im Jahreskreis hört (Lk 10,1–20), stößt auf einen ganz anderen Ton: Jesus sendet seine Jünger aus – er beruft sie nicht aufgrund eines Bewerbungsverfahrens, sondern aus seiner göttlichen Vollmacht. „Er sandte sie zu zweit vor sich her in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst gehen wollte.“
Hier wird deutlich: Christliche Sendung ist kein Projekt zur Selbstverwirklichung, sondern ein Dienst, der sich an Christus orientiert. Der Priester ist kein Manager des Religiösen, kein spiritueller Entertainer, sondern Stellvertreter Christi – und das auf eine Weise, die sich nicht jeder selbst nehmen kann. Berufung ist Gnade, nicht Anspruch.
Erfahrene Priester und Berufungsleiter wissen: Nicht jeder, der ins Priesterseminar eintritt, wird auch geweiht. Über die Hälfte bricht den Weg ab oder wird entlassen – nicht aus Härte, sondern weil in der geistlichen Unterscheidung deutlich wird: Dieser Ruf war vielleicht ein Wunsch, aber nicht der Weg Gottes.
Berufung wächst langsam – durch Gebet, Reifung, geistliche Begleitung. Sie wird nicht durch Aktionismus erzeugt, sondern durch Hinhören. Und das gilt für Männer wie Frauen, für Hauptamtliche wie Ehrenamtliche.
Dass es zu wenige Priester gibt, ist unbestritten. Doch der Mangel wird nicht durch Strukturreformen gelöst, sondern durch ein neues Hören auf den Herrn der Ernte. Jesus selbst sagt: „Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden.“
Die Antwort der Kirche auf den Priestermangel ist nicht politisch, sondern geistlich: Mehr Gebet, mehr Hörbereitschaft, mehr Mut zum Ruf. Wer nur Organisation verbessern will, verliert das Wesentliche: Priestersein ist nicht Funktion, sondern sakramentale Verfügbarkeit für Christus.
Die Aktion in Freiburg zeigt auch eines: Viele Frauen wollen mehr Verantwortung, mehr geistliche Teilhabe, mehr Anerkennung. Und das ist richtig. Frauen tragen in der Kirche in unzähligen Bereichen – von der Kinderkatechese bis zur Krankenhausseelsorge – unverzichtbar mit. Ohne sie wäre das Leben der Gemeinden längst zusammengebrochen.
Doch das Priesteramt ist – nach katholischem Verständnis – mehr als Leitung: Es ist sakramentale Stellvertretung Christi als Bräutigam seiner Kirche. Es geht nicht um Fähigkeiten oder Wert, sondern um ein Zeichen, das Christus selbst gestiftet hat. Das mag schwer verständlich sein – aber es ist keine Diskriminierung, sondern ein geistliches Geheimnis.
Wer sich für Gott einsetzt, verdient Respekt. Doch wer glaubt, Berufung sei ein Menschenrecht, verkennt das Evangelium. Die wahre Freude, sagt Jesus, liegt nicht im Erfolg oder in der Macht, sondern im Gehorsam: „Freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind.“
Deshalb braucht es heute keine mediale Bewerbung fürs Priesteramt – sondern stille Herzen, die hören: „Wen soll ich senden?“ Und den Mut zu antworten: „Hier bin ich. Sende mich.“
04.07.2025
Seit Februar 2021 bin ich Pfarrer in der Pfarrei Hergiswil am See, Nidwalden (NW).
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