Die Einheit der katholischen Kirche auf Pfarreiebene

Biblische, kirchenrechtliche und pastorale Perspektiven


Die Einheit der katholischen Kirche ist ein zentrales Gut und ein lebendiges Zeichen der Gegenwart Christi unter den Gläubigen. Gerade auf der Ebene der Pfarrei, der grundlegenden Gemeinschaft von Christen vor Ort, wird die Einheit konkret erfahrbar und gelebt. Der Pfarrer trägt als Vorsteher der Gemeinde eine besondere Verantwortung, die Lehre der Kirche zu bewahren und die Einheit in Glauben, Sakramenten und kirchlicher Gemeinschaft sicherzustellen.


Die sakramentale Struktur der Kirche:                        Papst – Bischof – Pfarrer

Die katholische Kirche ist hierarchisch und sakramental gegliedert. Diese Struktur ist nicht nur organisatorisch, sondern theologisch begründet und Ausdruck der Sendung Christi:

 

  • Der Papst ist der Bischof von Rom und Nachfolger des Apostels Petrus. Er besitzt die höchste Vollmacht in der Kirche und ist sichtbares Zeichen der Einheit der Weltkirche. Seine Autorität gründet sich auf das Petrusamt, das Christus selbst gestiftet hat (vgl. Matthäus 16,18–19).
  • Der Bischof leitet ein Bistum und ist Nachfolger der Apostel. Er empfängt die Fülle des Weihesakraments und ist verantwortlich für die Lehre, die Liturgie und die Leitung in seiner Diözese. In der sakramentalen Struktur ist er das Bindeglied zwischen dem Papst und den Pfarrern.
  • Der Pfarrer ist vom Bischof beauftragt, eine Pfarrei zu leiten. Er handelt in persona Christi und in Einheit mit seinem Bischof. Seine Aufgaben umfassen die Feier der Sakramente, die Verkündigung des Evangeliums und die geistliche Leitung der Gemeinde. Er ist der unmittelbare Seelsorger der Gläubigen und trägt die Verantwortung für die Einheit vor Ort.

 

Diese dreistufige Struktur – Papst, Bischof, Pfarrer – ist nicht nur funktional, sondern sakramental: Sie ist Ausdruck der göttlichen Ordnung und dient dem Heil der Seelen. Wer sich dieser Ordnung entzieht oder sie untergräbt, gefährdet die Einheit der Kirche.

 


Biblische Grundlagen der Einheit

Die Notwendigkeit der Einheit wird im Neuen Testament vielfach betont. Die Worte Jesu machen klar, dass die Einheit mit ihm und untereinander Voraussetzung für das Fruchtbringen der Kirche ist:

 

  • Johannes 17,21: „Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns eins sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.“
  • Matthäus 12,30: „Wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.“ Dieses Wort Jesu macht deutlich, dass jeder, der nicht zur Einheit beiträgt, letztlich der Zerstreuung und Spaltung Vorschub leistet.
  • 1. Korinther 1,10: „Ich ermahne euch, Brüder und Schwestern, im Namen Jesu Christi, dass ihr alle einmütig seid und keine Spaltungen unter euch zulasst, sondern in gleicher Gesinnung und gleicher Überzeugung zusammenhaltet.“
  • Epheser 4,3–6: „Bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch das Band des Friedens: ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen worden seid in einer Hoffnung eurer Berufung; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller.“

Die Rolle des Pfarrers in der Bewahrung der Einheit

Der Pfarrer ist beauftragt, die Lehre der Kirche authentisch und treu zu verkündigen. Dies ist keine reine Verwaltungsaufgabe, sondern eine geistliche Sendung: Wer die Lehre Christi und der Kirche bewahrt, lebt notwendigerweise aus der Einheit mit Christus. Der Pfarrer ist Vorbild und geistlicher Mittelpunkt, an dem sich die Gemeinde orientiert.


Kirchenrechtliche Perspektive: Spaltung, Zerstreuung und persönliche Angriffe

Das kirchliche Recht misst der Einheit der Kirche einen ausserordentlich hohen Wert bei. Handlungen, die sich direkt gegen diese Einheit richten, werden streng beurteilt.


Kirchenspaltung (Schisma)

Nach can. 751 CIC versteht die Kirche unter Schisma die „Weigerung der Unterordnung unter den Papst oder der Gemeinschaft mit den Gliedern der Kirche, die ihm unterstehen“. Das bewusste Herbeiführen oder Fordern einer Spaltung innerhalb der Pfarrei, sei es durch Leugnung wesentlicher Glaubensinhalte, durch das Errichten paralleler Strukturen oder durch offene Abkehr von der kirchlichen Gemeinschaft, ist ein schwerwiegendes Delikt.


Zerstreuung und Spaltung durch Lehre und Verhalten

Auch die bewusste Verbreitung von Irrlehren (Häresie) oder das Anstiften zu Ungehorsam gegenüber der legitimen kirchlichen Autorität gefährden die Einheit und werden vom Kirchenrecht geahndet (can. 1369 CIC).


Öffentliche Beleidigung und Verleumdung eines Pfarrers

Neben theologischen und strukturellen Angriffen auf die Einheit sind auch persönliche Angriffe gegen Amtsträger – insbesondere gegen Pfarrer – ein ernstzunehmendes kirchenrechtliches Delikt. Der Codex des kanonischen Rechts sieht Sanktionen vor für jene, die kirchliche Autoritäten öffentlich beleidigen oder verleumden:

 

  • Can. 1369 CIC: Wer in öffentlichen Äusserungen die kirchliche Autorität oder ihre Lehre schwer beleidigt, kann mit einer gerechten Strafe belegt werden.
  • Can. 1373 CIC: Wer öffentlich zur Missachtung kirchlicher Autoritäten aufruft oder Hass gegen sie schürt, kann mit Interdikten oder anderen kirchlichen Sanktionen belegt werden.
  • Can. 1390 §2 CIC: Wer einen kirchlichen Amtsträger durch falsche Anschuldigungen oder Verleumdung schädigt, kann mit kirchlichen Strafen bis hin zur Exkommunikation belegt werden, insbesondere wenn die Tat öffentlich und mit schwerwiegenden Folgen erfolgt.

 

Diese Bestimmungen zeigen: Die Kirche schützt nicht nur ihre Lehre, sondern auch die Würde ihrer Amtsträger. Öffentliche Angriffe gegen Pfarrer sind nicht Ausdruck legitimer Kritik, sondern gefährden die geistliche Ordnung und die Einheit der Gemeinde.


Strafen für Spaltung und Zerstreuung

Das Kirchenrecht sieht verschiedene Sanktionen vor:

 

  • Exkommunikation: Wer sich des Schismas, der Häresie oder des Abfalls vom Glauben schuldig macht, zieht sich laut can. 1364 §1 CIC die Tatstrafe der Exkommunikation zu. Exkommunikation bedeutet den Ausschluss von den Sakramenten und der kirchlichen Gemeinschaft.
  • Weitere Strafen: Je nach Schwere und Auswirkungen der Tat kann es auch zu Amtsenthebung, Suspendierung oder anderen kirchlichen Massnahmen kommen.

Die Bedeutung der Treue zur Lehre und zur Einheit

Die Geschichte und Gegenwart der Kirche zeigen, dass Spaltung und Zerstreuung nicht nur Strukturen und Gemeinschaften zerstören, sondern auch das Zeugnis des Glaubens schwächen. Die Einheit in Lehre, Sakrament und Gemeinschaft ist kein Selbstzweck, sondern spiegelt das Wesen Gottes selbst wider, der in sich Einheit und Liebe ist.

 

Wer die Lehre der Kirche bewahrt und sich um Sammlung und Versöhnung müht, handelt im Geist Christi und wird zum Werkzeug der Einheit. Das Kirchenrecht schützt diese Einheit und schreitet dort ein, wo sie gefährdet ist – nicht aus Machtinteresse, sondern um das Heil der Seelen und die Glaubwürdigkeit der Kirche zu sichern.

 

Die Einheit der Pfarrei ist daher ein hohes Gut, für das sich Pfarrer und alle Gläubigen gemeinsam einsetzen sollten – im Bewusstsein, dass Christus selbst in ihrer Mitte gegenwärtig ist:

„Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ (vgl. Matthäus 18,20).

 

12.09.2025