Es war einmal in einem Dorf am See
Es war einmal ein kleines Dorf, eingebettet zwischen See und Bergen, wo Glockenklänge die Tage ordneten und Kerzenlichter durch Jahrhunderte hindurch Gebete trugen. In diesem Dorf lebte ein Seelsorger – einer, der seine Berufung mit Ernst und Leidenschaft lebte. Er war nicht perfekt, aber er war aufrichtig. Und er war gekommen, um den Menschen von der Liebe Gottes zu erzählen und ihnen im Glauben zu helfen – unerschrocken und mit klarem Herzen.
Doch nicht jeder im Dorf war froh über seinen Eifer.
Es hatte schon viele Auseinandersetzungen in der Gemeinde gegeben, lange bevor dieser Seelsorger seine Schritte in die alte Kirche setzte. Manche alten Geschichten rankten sich um frühere Zeiten, in denen Traditionen aufgeweicht, Versprechen gebrochen und die Gemeinschaft gespalten worden war. Und über all dem lag ein leiser Hauch von Auflehnung – gegen Autorität, gegen Ordnung, gegen jene, die mit der Kirche verbunden waren, wie sie immer gewesen war.
Als der Seelsorger ins Dorf kam, brachte er neue Impulse mit: lebendige Gottesdienste, offene Worte, einladende Formen des Gebets. Viele kamen, hörten zu, manche wurden sogar tief berührt. Doch während draußen die Glocken läuteten und Menschen neu Hoffnung schöpften, begannen sich hinter verschlossenen Türen alte Seilschaften zu regen.
Eine kleine, aber entschlossene Gruppe formierte sich. Sie flüsterten in Gängen, schrieben E-Mails im Verborgenen, warfen Begriffe in den Raum, die verletzen sollten – nicht nur den Seelsorger, sondern das Vertrauen der ganzen Gemeinde. Man sprach von Macht, von Strukturen, von alten Rechnungen. Und schließlich – es kam, wie es kommen musste – wurde der Seelsorger öffentlich beleidigt. Worte, scharf wie Pfeile, wurden an viele Menschen verschickt. Sie nannten ihn Dinge, die kein Mensch verdient zu hören. Es war mehr als ein Streit. Es war ein Angriff auf seine Würde.
Doch der Seelsorger blieb. Nicht aus Trotz, sondern aus Berufung. Er wandte sich an die Behörden – nicht um Rache zu nehmen, sondern um den Weg des Rechtes zu gehen. Denn er wusste: Wahrheit braucht Klarheit, und Schweigen würde jenen Recht geben, die Unrecht säten.
Während die Justiz nun ihren Lauf nimmt, hofft der Seelsorger auf etwas Größeres als einen Strafbefehl: auf Heilung. Nicht nur für seinen Ruf, sondern für die Gemeinde, die seit Jahren unter Misstrauen, Zwietracht und Grabenkämpfen leidet. Er sieht, dass manche sich tief in alten Bildern verfangen haben – in Vorstellungen von Kirche, die mehr mit Macht als mit Glaube zu tun haben. Und er sieht, wie einige noch immer versuchen, aus den Schatten der Vergangenheit ihre Fäden zu ziehen.
Aber er sieht auch das andere: die Kinder, die sich auf die Erstkommunion freuen, die Menschen, die im Licht der Kerzen Trost finden, die Suchenden, die nach innerer Heilung verlangen. Für sie ist er da. Jeden Tag. In aller Stille, im Gebet, im Gespräch, im Sakrament.
Er weiß: Wer Jesus verkündet, wird angegriffen. Und doch geht er seinen Weg weiter. Denn es ist kein bequemer Weg, aber ein wahrer.
Und so hofft der Seelsorger, dass eines Tages Frieden einkehrt. Dass jene, die sich verirrt haben in Bitterkeit und Widerstand, den Weg zurückfinden zu Demut und Versöhnung. Dass das Dorf am See wieder zu einem Ort wird, wo nicht Misstrauen herrscht, sondern Glaube – wo nicht Flüstern die Gänge erfüllt, sondern das Evangelium die Herzen.
Und bis dahin tut der Seelsorger, was er tun kann: Er bleibt. Und betet. Und liebt. Denn das ist sein Auftrag. Und das wird immer sein Weg sein.
Seit Februar 2021 bin ich Pfarrer in der Pfarrei Hergiswil am See, Nidwalden (NW).
Stephan Schonhardt, Dorfplatz 15, CH-6052 Hergiswil am See
Sekretariat: +41 (0) 41 632 42 22
Direkt: +41 (0) 41 632 42 25
Deutschland: Stephan Schonhardt, Postfach 1101, D-79803 Dogern
Sämtliche Fotos sind entweder selbst aufgenommen, von KI erstellt oder der Webseite www.pixabay.com entnommen.